Unsere wichtigste Soloschau heisst «Poikilos». Wir zeigen Möbel und Lampen des griechisch-amerikanischen Duos Objects of Common Interest im Atrium des Nilufar Depot. Eine unglaubliche Kollektion aus irisierendem Kunstharz. Er reflektiert das Licht und schimmert in allen Farben des Regenbogens. Auch meine anderen Ausstellungen stehen in diesem Jahr unter dem Motto «The Bright Side of Design».
Wo wurden die «Poikilos»-Objekte denn produziert?
In Athen. Aber ich habe die Produktion eng begleitet, schliesslich bezahle ich sie auch. Alles, was Sie bei uns sehen, sind exklusive Nilufar-Editionen, die es nur in meinen Galerien zu kaufen gibt.
Wie intensiv ist der Austausch mit den Designern, bevor Sie Ihr finales Okay geben?
Normalerweise bin ich sehr intuitiv. Aber es hängt auch von der Erfahrung eines Designers ab. Ist er jung, braucht es mehr Zeit. Bei Objects of Common Interest war das anders, sie sind schon länger dabei. Doch es findet immer eine Interaktion, eine Diskussion statt. Es gab zum Beispiel Stücke, die ich zu gross fand. Also habe ich vorgeschlagen, sie kleiner zu machen.
Was muss ein Entwurf haben, damit er Sie anspricht?
In der Regel will ich etwas Neues. Etwas, von dem die Leute sagen: «Oh, das habe ich noch nie gesehen.» In Bezug auf das Narrativ eines Projekts, das Konzept und die Ästhetik suche ich Ideen, die keine eindeutige Referenz aufweisen.
Der Stil ist also nicht so wichtig?
Nein, ganz und gar nicht. Auch beim Material bin ich offen. Das kann jeder sehen, der zu uns kommt. Es gibt Möbel aus Holz, Objekte aus Kunstharz oder solche, die im 3D-Druck hergestellt wurden. Ich pflege eine 360-Grad-Sicht.
Letztes Jahr haben Sie NFT ausgestellt. Damit waren Sie eine der Ersten.
Das bin ich immer. Doch bei den NFT bleibe ich skeptisch. Kryptowährungen machen mir Angst. Sie verknüpfen die Kunst mit dem Wert des Geldes.
Die Digitalisierung lässt sich aber nicht stoppen.
Natürlich nicht. Audrey Larges vom Computer gedruckte Arbeiten aus glänzendem Polyester habe ich vor fünf Jahren zum ersten Mal gezeigt. Da waren es noch kleine Vasen. Ich musste Audrey erst davon überzeugen, mehr Kraft zu entwickeln. Dieses Jahr hat sie eine acht Meter lange Skulptur für mich entworfen. Als sie bei uns ankam, war es wie ein Geschenk.
Nehmen Sie gern die Rolle der Mentorin ein?
Absolut. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, für jedes Problem eine Lösung zu finden.
2019 beauftragten Sie die französische Designerin India Mahdavi mit dem Entwurf einer Bar.
Genau. Ich rief sie an und sagte: Ich wünsche mir eine Bar für meine Galerie in der Via della Spiga, und du bist die Einzige, die das kann. Wir stammen beide aus Persien und haben die gleiche Sensibilität, denselben Geschmack und eine geteilte Liebe für Farben. So entstand «Chez Nina».
Was denken Sie heute über den Iran?
Die Situation ist sehr traurig. Alle Errungenschaften, die von Frauen gemacht wurden, werden vernichtet – als Teil der Demonstration religiöser Macht. Nicht nur im Iran, auch in Afghanistan und an anderen Orten dieser Welt.
Sind Sie dankbar, dass Ihre Eltern Sie 1963 nach Mailand gebracht haben?
Mehr als das. Mein Vater war im Teppichhandel, und auch ich habe mit dem Verkauf von antiken Teppichen angefangen. Dann Gemälde des 19. Jahrhunderts, dann alte provenzalische Möbel. Das war in den 1990er-Jahren. Design kam erst später hinzu.
Ihr Geschmack hat sich also im Lauf der Zeit verändert.
Das ist fundamental. Ich könnte mich niemals auf einen Stil, eine Zeit oder eine Region festlegen.
Aber es gibt auch Dinge, die Sie nie verkaufen würden?
Natürlich. Zum Beispiel Zeichnungen von Gio Ponti, die er auf Acrylglas gemalt hat, oder einen Teppich von Gaetano Pesce aus dicken Silikontropfen. Das sind heute alles Museumsstücke.
Warum ist es so wichtig, diese für die Zukunft zu erhalten?
Sie sind ein Teil der Designgeschichte. Das Ziel eines jeden Galeristen muss es sein, besondere Stücke in einer Privatsammlung zu bewahren, um sie eines Tages zeigen zu können.
Sie zogen vor zwanzig Jahren an die Via della Spiga. Wie hat sich die Strasse seitdem verändert?
Früher waren hier viele kleine Läden, es gab eine Tierhandlung und eine Bäckerei. Jetzt umgeben mich nur noch grosse Marken und Modebrands. Die Leute sind sehr dankbar, dass ich etwas anderes zeige.
Lassen Sie sich von der Mode inspirieren?
Stylisten zählten mal zu meinen besten Kunden, und ich pflegte Freundschaften mit einigen grossen Modeschöpfern. Sie waren allen voraus und kamen, um Neues zu entdecken. Heute ist Design viel einflussreicher geworden. Während des Salone del Mobile zeigen fast alle Modehäuser Designprojekte. Auch wir gewinnen immer mehr Kunden.
Dabei ist die wirtschaftliche Situation momentan nicht gerade rosig.
Ich bedauere sehr, dass der Unterschied zwischen Arm und Reich immer grösser wird. Aber für uns ist es ein günstiger Moment. Viele Leute haben viel Geld und wollen es für Einzigartiges ausgeben.
Sind Sie stolz auf das, was Sie erreicht haben?
Sehr. Aber aus der Familie wird wohl niemand meine Nachfolge antreten. Meine Tochter ist 31 und Ärztin.
Doch es gibt noch Pläne für die Zukunft?
Natürlich! Ich habe zur Design Week eine Möbelkollektion lanciert, die als offene Edition gedacht ist, ohne Limitierung. Sie umfasst etwa hundert neue Stücke: Möbel, Lampen, Teppiche, Accessoires. So etwas hat es in einer Galerie noch nie gegeben. Ich liebe diese Herausforderung! Und wer weiss, vielleicht wird Nilufar damit selbst zum Brand.