Serpenti

So wurde die Schlange zu Bulgaris Symboltier

Vom technischen Experiment zur Schmuckikone: Wie die Schlange quasi durch Zufall zum Symboltier von Bulgari wurde.

Benedetta Barzini by Gian Paolo Barbieri for VOGUE

Schlangen. Für die meisten hierzulande sind die Reptilien Auslöser einer Mischung aus Faszination, Ekel und Angst. Doch in diversen Kulturen und für viele Naturvölker – amerikanische und australische Ureinwohner etwa, Mayas und Azteken, Chinesen, Perser – gelten sie seit jeher als Symbol für Macht, Weisheit, Ewigkeit, Fruchtbarkeit, sexuelles Verlangen, Schutz und eine direkte Verbindung zu den Geistern der Vorfahren. Und schon immer ist die Schlange und ihr gewundener Körper ein Motiv, mit dem Menschen ihre Körper schmücken.

Unter all den Schlangen, die sich so schon um Hälse und Handgelenke geschlungen haben, sind keine so namhaft wie die Serpenti von Bulgari. «Bulgari war die weltweit erste Marke, die in den 1940er-Jahren Uhren mit der Tubogas-Technik fertigte», weiss Brand Heritage Director Lucia Boscaini, «einer revolutionären Technik, mit der sich leichte, biegsame und in ihre Form zurückspringende Armbänder konstruieren liessen.» 1948 kreierten die Uhrmacher von Bulgari die erste Tubogas-Uhr mit goldenem Armband und einem kleinen, quadratischen Zifferblatt, dessen Gehäuse an den Kopf einer Schlange erinnerte. «Die Uhr wurde nach ihrer Fertigstellung der achtzehnjährigen Tochter von Costantino und Enkelin des Firmengründers Sotirio Bulgari geschenkt. Sie war nicht als Einführung eines neuen Stils gedacht, sondern schlicht als technisches Experiment.» Die Kreation aus Gelbgold, damals ein als minderwertig empfundenes Material, symbolisierte eine nüchterne Form von Glamour und Eleganz, kombiniert mit origineller Funktionalität. Und traf damit den Zeitgeist. Das Design stiess auf Anklang, eine Ikone war geboren.

«Die ersten Serpenti-Uhren hatten nichts Luxuriöses an sich, keine Edelsteine, keine kostbaren Materialien», erzählt Boscaini. «Sie waren keine Schmuckstücke. Sie waren vielmehr etwas Funktionales, Nützliches – aber designt für Frauen.» Ein Meilenstein. Ein Game-Changer. «Es gelang Bulgari, aus traditionellen, klassischen Komponenten eine Uhr zu schaffen, die den Geist der Modernität verkörperte und symbolisch für die neue gesellschaftliche Rolle der Frau als Teil der Geschäftswelt stand. Einer Welt, die bis zu diesem Zeitpunkt Männern vorbehalten war.»

So wie die Schlange sich ständig häutet, entwickelte sich auch die Serpenti ständig weiter. Ab Mitte der 1950er-Jahre begann Bulgari, mit naturalistischeren Designs zu experimentieren, insbesondere mit Neuinterpretationen der Kopfform. Während der 1960er-Jahren entstanden dann zusehends realistischere Variationen der Schlange, als mit Elementen wie Diamanten und Kombinationen aus verschiedenfarbigen Edelsteinen die Schuppen des Reptils nachgeahmt und das Uhrengehäuse im Kopf verborgen wurde.

Von Elizabeth Taylor, die 1962 bei den Dreharbeiten zu «Cleopatra» in Rom ihre eigens für den Film angefertigte Serpenti-Diamantuhr trug, bis zur Modezarin und legendären «Harper’s Bazaar»-Chefredaktorin Diana Vreeland, die eine farbenfrohe Serpenti-Halskette aus weisser und rosafarbener Emaille in Auftrag gab, die sie – innovativ und modisch unerschrocken, wie sie war – auch als Gürtel trug: Die Serpenti ist über die Jahre in unzähligen Varianten erschienen. «Es gab nie ein steifes Konzept, keine klare Strategie, sondern einfach nur ein freies Experimentieren», erzählt Lucia Boscaini. Eine Freiheit, die trotz des kommerziellen Erfolges des Designs in Teilen bewahrt werden konnte. «Natürlich müssen wir in der Lage sein, für unsere Taschen-, Schmuck- und Uhrenkollektionen eine Reihe von identischen Artikeln zu produzieren», erklärt Boscaini. «Aber im Bereich der Haute Joaillerie bleibt die Serpenti ein einzigartiges, verspieltes Design, das seinem Schöpfer schier endlose Freiheit lässt.»

Die Geschichte der Serpenti geht in ihr vierundsiebzigstes Jahr – und nähert sich noch lange nicht dem Ende. «Es gibt noch so viel zu entdecken! Wir werden immer wieder neue Stücke finden, neue Geschichten. Die Serpenti symbolisiert alles, was Bulgari ausmacht: Wissenschaft, Handwerkskunst – und einen fröhlichen, spielerischen Umgang mit Schmuck.»

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